Gesunde Ernährung ist wichtig. Doch ist unser Alltag so stressig wie nie. Neben Arbeit, Kindern, Beziehung und Pflege der Eltern ist es viel zu oft wesentlich leichter, die Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben als selbst etwas zu kochen. Und die Gesundheit bleibt auf der Strecke. Doch mit unseren acht Tipps können Sie trotz allem eine gesunde Ernährung in Ihren Alltag integrieren.
„Unsere Patientinnen und Patienten wissen meist sehr genau, wenn ihre Ernährung nicht sehr gesund ist“, sagt Claudia Böge, unsere Ernährungsberaterin in der AOK-Nordseeklinik. „Was sie aber nicht wissen, ist zum einen, welche Ernährungsweise aus dem riesigen Angebot für sie die beste wäre. Zum anderen ist ihr Alltag so vollgepackt, dass sie gar nicht wissen, wie sie da noch die Zeit finden sollen, um für sich und die Familie gesünder zu kochen.“
Es gibt ja zahlreiche Ernährungsweisen, die derzeit abwechselnd im Trend liegen: Keto, Rohkost, Clean Eating, Paleo, Intervallfasten, Ayurveda und wie sie sonst noch alle heißen. In diesem Dschungel ist es wirklich schwer, sich zurechtzufinden. Denn irgendwie logisch und halbwegs gesund klingen sie ja fast alle.
Und dann probiert man eine nach der anderen aus, aber nichts hilft wirklich dauerhaft, wie bei Diäten. Vor allem schmeckt den Kindern vieles davon nicht. Oder sie haben nach einer euphorischen Anfangsphase keine Lust mehr darauf und wollen wieder ihre Fischstäbchen, Nudeln und Pommes zurückhaben. Aber doppelt kochen –für die Kinder das eine, für sich selbst das andere –wie soll das gehen?
Claudia Böge rät den Familien während der Mutter-Kind-Kur oder Vater-Kind-Kur immer:
„Nehmen Sie den ganzen Stress einmal aus der Ernährung heraus. Schauen Sie sich die Basis jeder guten Ernährung an: Die besteht aus der richtigen Verteilung von Lebensmitteln am Tag.“
Wie sie am besten verteilt werden, zeigt die sogenannte „Ernährungspyramide“. Das Bundeszentrum für Ernährung erklärt damit auf leicht verständliche Weise, welche Art von Lebensmitteln in welcher Menge für eine gesunde Ernährung nötig sind. Die größten Mengen machen da ungesüßte Getränke, Obst und Gemüse aus. Dann folgen Getreide, dann tierische Produkte (Fisch, Fleisch, Milchprodukte) und schließlich Fette und in sehr geringen Mengen Süßes und Alkohol. Eine Broschüre dazu können Sie sich direkt beim Bundeszentrum herunterladen . Für den täglichen Ernährungscheck gibt es eine Ernährungspyramide zum Ausdrucken . Oder Sie arbeiten mit der dazugehörigen App .
„Gesund heißt nicht, jedem Trend zu folgen“, sagt Böge. „Die aktuelle grundsätzliche Verteufelung von Weizen halte ich zum Beispiel für falsch.“ Gesund heiße vielmehr, sich täglich aus jedem Bereich der Ernährungspyramide zu bedienen:
„Damit decken wir alles ab, was wir für unsere Gesundheit aus Ernährungssicht benötigen, alle Vitamine, Minerale und Ballaststoffe. Allerdings ist dabei das Mengenverhältnis ganz entscheidend!“
So staunen unsere Patientinnen und Patienten oft nicht schlecht, wenn sie erfahren, dass die Wurst auf dem Frühstücksbrot schon die komplette Fleischportion für den Tag gewesen sein kann!
Ein wichtiger Gradmesser für schlechte Ernährung ist Zucker. „Mehr als acht Würfel Zucker am Tag sind ungesund“, sagt Claudia Böge. „Und man glaubt gar nicht, wie schnell die erreicht sind. Denn ein normaler Becher Fruchtjoghurt beinhaltet oft bereits diese acht Würfel Zucker! Aber auch Brot und Wurst enthalten Zucker.“ Fertigprodukten wie Tiefkühlpizza, und dann natürlich Marmeladen, Schokoaufstrichen oder Schokoriegeln wird ebenfalls Zucker zugesetzt.
Das Problem ist, so Böge: „Wir wissen nie, wie viel Zucker dort enthalten ist, weil die Hersteller die Mengen nicht angeben müssen.“ Ein Gradmesser ist allerdings die Platzierung der Zutat Zucker. Je weiter vorne Zucker in der Auflistung der Zutaten steht, desto mehr Zucker ist in dem Nahrungsmittel enthalten.
„Unsere Patientinnen sind schon sehr gut informiert über gesunde und ungesunde Ernährung“, sagt unsere Ernährungsberaterin. „Schwierig wird es für sie vor allem aus zwei Gründen: Zum einen, erzählen sie, stehen sie immer unter Zeitdruck: Ihnen bleibe oft zu wenig Zeit zum Kochen. Zum anderen würden ihre Kinder beispielsweise nur Pommes oder Nudeln essen wollen.“
Während der Mutter-Kind-Kur oder Vater-Kind-Kur in der AOK-Nordseeklinik findet Claudia Böge mit jeder Patientin, jedem Patienten in persönlichen Gesprächen eine individuelle Lösung. Doch was ist der eigentliche „Trick“ dahinter, es trotz all der beruflichen und familiären Arbeit es dennoch hinzubekommen, die Familie gesund zu ernähren? Hier sind acht Schritte, mit denen es gelingen kann:
Die Devise ist oft: Es muss schnell gehen, und es muss satt machen. Doch schleicht sich dadurch eine Mangelernährung ein, die sich irgendwann in Übergewicht und Krankheitssymptomen zeigt. „Deshalb sollten Sie mit einer Selbstbeobachtung anfangen. Sich kritisch hinterfragen: Was esse ich überhaupt? Und wie viel davon esse ich?“, sagt die Ernährungsberaterin. Das gleiche können Sie für die anderen Familienmitglieder im Haushalt tun. Denn oft essen wir nach Gewohnheit, ohne groß darüber nachzudenken. Schreiben Sie sich dagegen einmal auf, was Sie alle die Woche über tatsächlich essen, werden Ihnen die Muster dahinter oft schon sehr deutlich.
Natürlich können Sie Ihre Ernährung von jetzt auf sofort nicht komplett auf den Kopf stellen. Das würde wahrscheinlich keine drei Tage gut gehen. Wenn Sie sich aber kleine Ziele setzen, so Claudia Böge, können Sie damit schon sehr viel erreichen.
Schauen Sie sich also Ihre bisherigen Essgewohnheiten an und überlegen Sie:
Dabei sollten Sie nicht vergessen, dass Sie für Ihre Kinder ein Vorbild sind. Claudia Böge meint:
„Esse ich selbst immer nur Weißbrot oder Croissants zum Frühstück, kann ich den Kindern natürlich nicht vorleben, dass Vollkornbrot gesünder ist.“
Die Ernährungsumstellung in kleinen Schritten kann also am besten gemeinsam funktionieren.
„Dann geht es weiter mit einer vernünftigen Speiseplanung“, sagt Böge. „Versammeln Sie einmal pro Woche die Familie um den Tisch und überlegen Sie gemeinsam, was und wie Sie in der nächsten Woche essen möchten.“ Für diese Planung ist die Ernährungspyramide natürlich hilfreich, denn dort können Sie direkt abgleichen, ob Sie über den Tag verteilt ausreichend Lebensmittel aus jeder Stufe der Pyramide dabei haben. Und Sie können gleich die Überlegungen aus Schritt 2 umsetzen.
Seien Sie dabei ruhig experimentierfreudig. Haben Sie (noch) keine Kochbücher, hält das Internet unzählige Rezepte vor. Und auf YouTube gibt es zahllose Videos zur Zubereitung. Nicht alles wird am Ende allen sehr gut schmecken, das ist klar. Aber Sie können auf diese Weise viel Neues kennenlernen und vielleicht ein paar neue, gesündere Lieblingsrezepte finden (oder sogar selbst entwickeln).
Hat die Familie den Speiseplan für die Woche erstellt, geht es an die Einkaufsplanung. „Viele gehen nach der Arbeit noch schnell einkaufen“, sagt Böge. „Aber das kostet meistens eine gute halbe Stunde jeden Tag oder mehr. DieseZeit fehlt natürlich fürs Zubereiten der Mahlzeiten.“ Daher schlägt sie vor, den Einkauf einmal pro Woche zu machen. „Denn für den einmaligen Einkauf in der Woche brauchen Sie sehr viel weniger Zeit als fürs tägliche Einkaufen. Und die Zeit, die Sie dadurch jeden Tag früher zu Hause sind, können Sie jetzt zum Kochen nutzen.“
So verlockend einfach tiefgekühlte Fertiggerichte erscheinen, haben sie doch meist zu wenige Gemüsebestandteile, viele Zusatzstoffe, und manchmal ist nicht einmal mehr richtiger Käse auf der Pizza. Die Bestandteile sind außerdem oft so unverständlich deklariert, dass Sie wahrscheinlich gar keine informierte Entscheidung treffen können. Achten Sie deshalb darauf, möglichst frisches Gemüse und Obst zu kaufen.
Da Sie den Einkauf nun nur noch einmal pro Woche machen, haben Sie jetzt jeden Tag eine halbe oder ganze Stunde mehr Zeit zum Kochen. Wenn Sie noch nie „richtig“ kochen gelernt haben, machen Sie einmal einen Kochkurs mit. Vielleicht bietet Ihre Krankenkasse so etwas an, oder Sie werden in Ihrer lokalen Volkshochschule oder einem Verein fündig.
Kochen Sie maximal zwei bis drei Tage mit Fleisch, zwei bis drei Tage mit Fisch und die restlichen Tage rein vegetarisch. Sie können auch auf Vorrat kochen: Das heißt, Sie kochen nur einmal, aber das Essen reicht für zwei Tage. Zum Beispiel eine Suppe oder einen Auflauf. Auch dadurch können Sie prima Zeit sparen.
Nicht jede und jeder hat zu Hause eine große Speisekammer. Dennoch können Sie auch in der kleinsten Küche eine gute Vorratshaltung anlegen. Achten Sie dabei darauf, möglichst vollwertige Lebensmittel vorzuhalten. Das heißt: keine Fertigerzeugnisse, außer tiefgefrorenem Naturgemüse und Obst (ohne zugesetzten Zucker).
Wählen Sie Getreide in Naturform oder geschrotet für Ihre Vorräte, z. B. Bulgur statt Couscous. Und besser ein gröberes Vollkornmehl als ganz fein gemahlenes weißes Mehl. Haben Sie immer Nüsse, Mandeln und gute Öle zu Hause. Und kaufen Sie vegetarische Brotaufstriche nicht fertig, sondern machen Sie sie selbst.
Ist die Woche um, schauen Sie gemeinsam zurück: Was hat gut funktioniert, was hat nicht gut funktioniert? Und dann überlegen Sie, was Sie in der kommenden Woche anders machen könnten. Welche Rezepte bei allen gut angekommen sind und welche nicht. Welches Obst und Gemüse jetzt Saison hat und regional erhältlich ist. Welche Vorräte Sie aufstocken sollten.
Beobachten Sie all das eine Zeitlang und reflektieren Sie regelmäßig, wie alles gelaufen ist.
Wenn der anfängliche Eifer und die Freude an den neuen Essensplänen abgeklungen sind, fällt es vielen schwer, die neue Routine weiter durchzuhalten. Das gilt für den Sport, den wir uns zu Neujahr vornehmen, genauso wie für die gesunde Ernährung. Claudia Böge kennt das, und sie weiß:
„Das geht nur mit Geduld, mit Dranbleiben, mit Selbstreflektion und mit kleinen Schritten.“